Web.de im Test

Werbeschleuder mit Sicherheitszertifikat

 
  web_de-testsiegel-november_2011 web_de-logo

Die rote Laterne geht an Web.de. Der Service ist bei nahezu keinem Testkriterium auf der Höhe der Zeit. Nur in einem Punkt eilt web.de allen Anbietern im Test voran: Wenn es darum geht, seinen Nutzern mit Spamattacken und Werbetrommelfeuer auf die Nerven zu gehen.
 

 

Getestet von CMa

Der Freemail-Anbieter web.de befindet sich gegenwärtig auf dem Stand der 90er Jahre, als 12 MB kostenloser Speicherplatz für E-Mails eine Sensation waren. Heute kann das nur als Witz bezeichnet werden. Da passt es, dass auch die Dateianhänge maximal 4 MB groß sein dürfen. Andernfalls verweigert das Postfach den Dienst. Wie bei Freenet und Yahoo! Mail wird das Konto nach sechs Monaten Inaktivität gelöscht. Besonders übel: Es gibt ein Nachrichtenlimit. Sind 500 Nachrichten im Postfach, macht web.de den Deckel zu und lässt keine weiteren E-Mails mehr durch. Jeder halbwegs moderne Trend, den andere Anbieter für ihre Nutzer umgesetzt haben, scheint an web.de vorbeigerauscht zu sein. Die Vermutung liegt nahe, dass der kostenlose Mailservice absichtlich an der kurzen Leine gehalten wird, um den Nutzern für 60,- Euro das Premiumangebot web.de Club verkaufen zu können.

Willkommen im Club

 

Um dem Neukunden sofort klarzumachen, dass die Nutzung des kostenlosen Dienstes nicht im Unternehmensinteresse ist, setzt web.de auf eindringliche Werbung und Methoden, die an Abofallen erinnern. Die Registrierung funktioniert noch reibungslos und schnell. Doch kaum ist der Registrieren-Button geklickt, öffnet sich eine ganzseitige Anzeige, die von den Vorzügen einer Mitgliedschaft im web.de Club schwärmt und einen kostenlosen ersten Monat verspricht. Wer dort ein Häkchen setzt und nicht binnen 14 Tagen von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht, darf dann 12 Monate lang monatlich 5,- Euro Beitrag zahlen.

Wer das kostenlose Postfach nutzen möchte, muss den kleinen Link im rechten oberen Winkel der Seite klicken.

Im Postfach warten nach der Registrierung bereits zwei E-Mails von web.de zur Begrüßung. Ab hier ist höchste Vorsicht geboten, denn jede unbedachte Handlung kostet jetzt bares Geld! Eine E-Mail informiert über die dürftigen Features des Freemail-Angebotes und lobt web.de als sogenannten Testsieger (der besagte Test ist allerdings längst überholt und stammt aus dem Jahre 2006). Außerdem wird die Nutzung der Hotline empfohlen – für unverschämte 1,86 Euro/Minute aus dem deutschen Festnetz.

Die zweite Mail geht dann richtig zur Sache und zeigt, was dem Nutzer mit seinem kostenlosen web.de-Postfach blüht: Eine als „tolles Geschenk“ getarnte Werbung für die Mitgliedschaft in einer Online-Videothek. „Komplett kostenlos“, verspricht web.de. Das ist natürlich nicht ganz aufrichtig: Wer auf das Angebot klickt und nicht genau aufpasst, schließt ein Jahresabo ab. Für 164,89 Euro! Es ist eigentlich egal, was der Nutzer anschließend in seinem Postfach macht – wohin er klickt, er wird meistens auf Werbung gelenkt, entweder für das Premiumangebot, für teure Mitgliedschaften oder für als Auktionen getarnte Massenabverkäufe auf ebay.

Juristisch ist das alles sauber, aber für viele Nutzer kein Vergnügen. In vielen Internetforen treffen sich web.de-Kunden, schimpfen auf den Anbieter und klagen über teure Abos.

web_de-screenshot-mailfenster

Auch die Hauptnavigationsseite von web.de wird bereits für jede Menge Werbung genutzt.

Kostenloses Zertifikat inklusive

Es war die Überraschung im Test, aber web.de kann als Freemail-Anbieter mit einigen Leistungen durchaus Punkte machen. Der Mailabruf per POP3 und ein Sammeldienst für andere Mailkonten sind verfügbar, es gibt eine eigene Seite für den Abruf von Nachrichten mit mobilen Geräten, Autoresponder und Weiterleitung lassen sich einfach konfigurieren. Nichts, was die anderen Anbieter nicht auch hätten, aber Funktionalität ist gewährleistet. Als einziger Freemailer spendiert Web.de dem Nutzer ein kostenloses Verschlüsselungszertifikat für den sicheren E-Mail-Verkehr. Mithilfe der digitalen Signatur kann die Integrität von Mails bestätigt und sichergestellt werden, dass sie unverändert beim Empfänger ankommen. Dafür gab es von der Fachzeitschrift PC Pr@xis ein Testsiegel. Das war im Juli 2008. Bei web.de ist die Freude darüber noch heute so groß, dass das Siegel als Empfehlung auf der Webseite klebt (recht klein und unscharf, so dass das veraltete Datum nicht sofort ins Auge sticht).

Faxzentrale im Mailkonto

 

Über die Startseite des Postfachs können Passwörter von Webservices gespeichert sowie Zugangsdaten zu Facebook und anderen Netzwerken verwaltet werden. Weiterhin bietet web.de als einziger Freemail-Anbieter im Test einen kostenlosen Fax-Service: Jeder Nutzer kann sich eine eigene Faxnummer zuteilen lassen, mit der er gratis Faxe und Voicemails empfangen kann, die dann per E-Mail abgelegt werden. Wer selber faxen will, muss zuerst Webcents erwerben (1 Webcent = 1 Eurocent). Pro Inlandsfax werden dann 30 Webcent fällig. Webcents lassen sich aber auch für SMS und MMS einsetzen.

Klickorgie statt Navigation

 

Die Navigation im Mailcenter ist eher eingeschränkt. Die Seite ist mit Werbung gepflastert. Die Navigationselemente im linken Seitenbereich funktionieren zum Teil nicht bzw. nicht so, wie es zu erwarten wäre. Das Adressbuch öffnet sich unpraktischer Weise in einem neuen Fenster. Inbox und E-Mail-Inhalte können nicht gleichzeitig neben- oder untereinander angezeigt werden. Klickorgien sind so programmiert und ein schnelles Durchsehen der E-Mails nicht möglich. Das Übertragungsprotokoll IMAP ist für den Freemail-Service nicht verfügbar (dafür aber im Premiumangebot). Weitere Extras: Ein Online-Fotoalbum, die Onlinefestplatte SmartDrive mit 100 MB und ein Kalender.

Tipp: Eine Übersicht der wichtigsten Features finden Sie in der Matrix beim Vergleichstest.

Service: Hilfe nur gegen Geld

Web.de bietet die oben bereits erwähnte Hotline für den Kundensupport an. Für 1,86 Euro pro Minute aus dem deutschen Festnetz sollten sich Hilfesuchende möglichst kurz fassen. Immerhin ist die automatische Bandansage kostenfrei. Erst nach einem Piepton tickt der Gebührenzähler – im Test mussten wir zehn  Sekunden auf die Vermittlung zu einem Serviceberater warten. Um Telefongeld zu sparen haben wir unsere Testanfrage aber lieber doch per E-Mail formuliert. Das wurde abgebürstet mit dem Hinweis: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir an dieser Stelle leider nicht persönlich auf Ihre E-Mail antworten können.“ Nicht nur für dieses völlig unzureichende Serviceverständnis hat sich web.de den letzten Platz im Test verdient.

Zum Vergleichstest

  Web.de – Testbericht  
       
     
  Gesamtnote 3,0  
  Internetauftritt 3,3   2-5  
  Leistung 2,8   3-0  
  Service 4,6   0-5