Soziales

Parteien im Web 2.0 Vergleichstest

Parteien im Test
Nicht nur im Fernsehen, auch auf den Online-Portalen ist die Bundestagswahl präsenter denn je. Und dennoch: Viele Bürger sind bei der diesjährigen Wahl unentschlossen. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, sich über das Wahlprogramm und die Parteien-Philosophien zu informieren. Umso wichtiger erscheint dabei der direkte Kontakt mit den Politikern, um die eigenen Themen diskutieren zu können. 2009 prüfte die Getestet-Redaktion bereits die Parteien-Websites und Social Media Accounts der Spitzenkandidaten – mit recht schlechten Ergebnissen. Doch wie ist es dieses Jahr? Haben die Parteien dazugelernt?
  Grünen Testsiegel

Platz 1: Gruene.de – Web 2.0 bei den Parteien

Das Siegertreppchen in unserem Parteien-Test dürfen die Grünen besteigen! Mit einer überzeugenden und professionellen Internetpräsenz bieten sie eine rundum gelungene Präsentationsplattform – von informativer Aufbereitung der Wahlziele, Mitmach-Aktionen und schnellem Service ist alles dabei.

 
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  Anbieter Spitzenkandidat (30%) Partei Website (30%) Partei Service (40%) Gesamtnote Link  
                 
  1 Grüne Logo 2,5
3-5
189 Punkte
1,0
5-01
294 Punkte
3,4
2-0
176 Punkte
2,4
Testbericht
659 Punkte
 
  2 Die Linke 2,8
3-0
174 Punkte
1,5
4-5
264 Punkte
3,2
2-5
200 Punkte
2,6
Testbericht
638 Punkte
 
  3 Piraten Partei Logo 2,7
3-0
180 Punkte
1,2
5-01
282 Punkte
3,5
2-0
168 Punkte
2,6
Testbericht
630 Punkte
 
  4 SPD Logo 3,1
2-5
150 Punkte
1,3
4-5
276 Punkte
3,3
2-5
188 Punkte
2,6
Testbericht
614 Punkte
 
  5 FDP Logo 3,6
2-0
114 Punkte
1,0
5-01
294 Punkte
3,2
2-5
200 Punkte
2,7
Testbericht
608 Punkte
 
  6 CDU Logo 3,8
1-5
102 Punkte
1,3
4-5
276 Punkte
3,2
2-5
200 Punkte
2,8
Testbericht
578 Punkte
 
Getestet von Cg/Tb

In aller Munde und doch nicht präsent: Die Bundestagswahl steht vor der Tür und dennoch zucken viele Bürger ratlos mit den Schultern, wenn es um die Frage geht, wen sie wählen würden. Schon bei der letzten Wahl hätte man erwartet, dass die Parteien die unendlichen Möglichkeiten des Web und insbesondere Social Media nutzen würden, um ihre Botschaften an den Mann/die Frau zu bringen. 2009 erzielten die Parteien aber eher schlechte Noten beim Web-Check. Doch wie ist es 2013? Haben die Parteien dazugelernt? Haben die internetaffinen Piraten hier die Nase vorn?

Neben Getestet.de haben sich in diesem Jahr weitere Portale mit dem Thema „Parteien im Web und Social Media“ beschäftigt. Die Stuttgarter Online-Agentur Mosaiq Media untersuchte anhand eines selbst entwickelten Tools den Interaktionsgrad zwischen Partei und Nutzer, um Schwachstellen aufzudecken.

Zum Thema Kampagnen schreibt Manuel Daubenberger auf tagesschau.de in seinem Artikel „Netzschau zur Wahl – Negativ im Web“ darüber, dass die Negativ-Kampagnen der Parteien anstelle eines eigenen interaktiven Umgangs mit den Social Media Kanälen ins Auge stechen. Die Konzentration auf den Konkurrenten sei stärker als der Dialog mit den Usern, dabei sollten Facebook und Co. als solches vorrangig genutzt werden.
In der Kritik stehen außerdem die Online-Shops der Parteien, die laut Bericht von TrustedShops nach einer Prüfung Mitte Juli dieses Jahres erhebliche Mängel u.a. beim Datenschutz aufwiesen. Es besteht anscheinend einiges an Nachholbedarf.

Das verspricht keine gute Prognose für unsere Testkandidaten. Einen Monat vor der Bundestagswahl begann unser Vergleichstest der Parteien und konzentriert sich zum einen auf die Websites der sechs größten Parteien im Hinblick auf ihren Informationsgehalt, zum anderen darauf, wie schnell auf Fragen per Mail oder Telefon reagiert wurde und ob vielleicht sogar ein Austausch von Thesen und Meinungen möglich war. Ein weiterer Blick wurde auf die Aktivitäten im Social Media Bereich geworfen und analysiert, inwiefern Twitter und Co. als Kanäle der Verbraucherinformation genutzt werden können. Darüber hinaus wurden dann die Websites und Social Media Accounts der Spitzenkanditen in den Fokus genommen. Ist es möglich, mit den Kandidaten vielleicht sogar persönlich in Kontakt zu treten oder kann man zumindest einen täglichen Austausch mit den Wählern und Interessenten auf deren Accounts erkennen?

Folgende Erkenntnis erlangten wir bereits in der frühen Testphase: Die Kandidaten waren, um es mit einer Formulierung aus Zeugnis-Tagen auszudrücken, stets bemüht – CDU, SPD und Co. haben allem Anschein nach versucht, ihre Web-Präsenz auszubauen. Deutlich wird das anhand des übersichtlich und teils sogar attraktiv verpackten Angebots an wichtigen Informationen über das Programm, die Spitzenkandidaten und Wahlfakten in Kurzfassung. Die ersten Hausaufgaben waren hier also gemacht. Doch beim Support, sprich dem persönlichen Kontakt zu jedem einzelnen potenziellen Wähler, schaffte es keiner, in allen Bereichen eine gute Note zu erzielen. Deutliche Unterschiede zwischen den Parteien ergaben sich vor allem bei den Websites und der Social Media Nutzung der Spitzenkanditen. Die kleineren Parteien sahen hier anscheinend mehr Handlungsbedarf. Verwunderlich: Die sonst so medienaffine Piratenpartei hat sich beim Web- und Social Media-Check nicht den ersten Platz geholt – sie erweckten eher den Eindruck, sich aufgrund der Nutzung zu vieler Kanäle in den unendlichen Weiten des Webs zu verlieren.

Lesen Sie nun auf den folgenden Seiten, welche Partei im Getestet.de Web- und Social Media-Check die Nase vorn hat. Was überzeugt den User und was fehlt eindeutig in der Kommunikation? Wichtig zu erwähnen ist, dass es bei diesem Test nicht um die Bewertung des Wahlprogramms oder der Wahlthesen geht. Der Fokus liegt auf der medialen Umsetzung und Social Media Nutzung, nicht auf dem inhaltlichen Kontext, den die Parteien verkörpern. Hier finden Sie keine Wahlprognose und keine Wahlempfehlung.

Platz 1: Gruene.de – attraktives Angebot in Grün

Als einzige Partei mit der Testnote „gut“ können sich die Grünen auf die Schulter klopfen. Der Webauftritt überzeugt mit einem interaktiven Konzept und animiert zum Surfen auf den grünen Seiten. Der Informationsgehalt stimmt und Social Media Kanäle werden täglich bespielt. Unseren Redakteuren besonders positiv aufgefallen sind die Antworten, die von den Grünen auf Facebook-Posts der User gegeben werden. Das heißt: Der Wähler spürt den Rückkanal, der hier besonders wichtig ist. Ähnlich verhält es sich mit der Webpräsenz des Spitzenkandidaten Jürgen Trittin. Der Parteien-Support hingegen schneidet recht schlecht ab. Schuld daran ist die Telefonhotline, die zwar gut zu finden ist, aber keinen Austausch von Thesen und Fragen zulässt. Es wurde auf den Mail-Support verwiesen, der hingegen zufriedenstellend war. Die Grünen sind nicht die Einzigen, bei denen man am Telefon den Eindruck hat, dass die Kollegen entweder keine Ahnung haben, sich nicht trauen oder nicht befugt sind, ihre Meinung zu äußern.
Facebook Partei: 40.717 Likes               Twitter Partei: 66.487 Follower
Facebook Jürgen Trittin: 11.294 Likes     Twitter Jürgen Trittin: 30.029 Follower
Gruene.de erreicht eine Durchschnittsnote von 2,4 und die Beurteilung „gut“. -> Hier zum Testbericht

Gruene.de Startseite

Platz 2: Die-Linke.de – Web 2.0 Ansätze, aber noch ausbaufähig

Neben der besten Note im Parteien-Service (zusammen mit CDU und FDP) konnte vor allem auch Spitzenkandidat Gregor Gysi mit einer persönlich beantworteten Mail punkten, in der er klar Position zu den von uns gestellten Fragen bezog. Die Parteien-Website wirkt sehr schlicht, bietet aber eine gute Struktur, die den User zu den gewünschten Informationen führt. Der Parteien-Telefonsupport bemühte sich, unsere Fragen auch persönlich zu beantworten. Da wundert es, dass die Facebook-Seite von Gysi eine recht magere Info-Seite bietet und man auf dessen Website kaum oder fast gar keinen persönlichen Touch vermittelt bekommt. Wenigstens einen Lebenslauf hätte man sich dort gewünscht.
Facebook Partei: 38.162 Likes               Twitter Partei: 15.861 Follower
Facebook Gregor Gysi: 21.729 Likes      Twitter Gregor Gysi: 13.707 Follower
Die-linke.de erreicht eine Durchschnittsnote von 2,6 und die Beurteilung „befriedigend“. -> Hier zum Testbericht

 Die-Linke Startseite

Platz 3: Piratenpartei.de – Persönlichkeit statt knallharter Professionalität

Unser „junger“ Testkandidat war in einigen Punkten etwas schwieriger zu prüfen. Das begann bereits mit der Tatsache, dass keine direkten Spitzenkandidaten aufgestellt wurden. Zur besseren Vergleichbarkeit entschieden wir uns für Cornelia Otto, die ihre Aufgabe sehr gut übernahm und sogar am Telefon mit uns ein Gespräch führte. Der E-Mail Kontakt erwies sich bei ihr, wie auch bei der Partei als eher schwierig. Man bezog sich nicht konkret auf unsere Fragen und verwies auf diverse weitere Kanäle, wo unser Anliegen nach erneutem Posten beantwortet werden sollte. Eine Frage an die Partei wurde derartig zerpflückt, dass ihr eigentlicher Sinn etwas zweckentfremdet wurde – die Piraten gingen auf knallharte Verteidigung, dabei wurden sie gar nicht angegriffen. Da die Partei noch in den Kinderschuhen steckt, bemerkt man hier keine programmierte Professionalität, sondern bekommt noch Persönlichkeit zu spüren. So auch auf der Facebook- und Twitter-Seite: Bei jedem Post hat man den Eindruck, authentische Menschen mit eigener Ausdrucksweise und Meinung – von provozierenden Thesen bis hin zu persönlichen Fotos – dahinter zu finden. Das punktet nicht nur bei der jüngeren Generation.
Facebook Partei: 83.097 Likes            Twitter Partei: 119.011 Follower
Facebook Cornelia Otto: 538 Likes      Twitter Cornelia Otto: 3.011 Follower
Piratenpartei.de erreicht eine Durchschnittsnote von 2,6 und die Beurteilung „befriedigend“. -> Hier zum Testbericht

 Piraten Partei Startseite

Platz 4: SPD.de – mit krassen Farben Stärke zeigen

Originell erscheinen die handschriftlichen Kommentare von Peer Steinbrück auf seinem Facebook-Account, um zu zeigen, dass seine Posts wirklich von ihm stammen. Vergleichbares haben wir bei seinen Konkurrenten nicht gefunden. Während des TV-Duells der beiden Kanzlerkandidaten kam die Facebook-Seite richtig in Schwung. Ob die geposteten Bilder und Statements akribisch vorbereitet wurden oder spontanen Eingebungen folgten, bleibt allerdings offen. Leider blieben unsere Mails an den Spitzenkandidaten unbeantwortet. Der Mail-Support der Partei bügelte das mit einer recht schnellen Rückmeldung auf unsere Fragen – fast so schnell wie bei den Piraten – wieder aus. Doch am Telefon mochte oder durfte man uns keine konkrete Auskunft zu Fragen geben. Das fanden wir sehr schade, wo bleibt da die Spontanität?
Facebook Partei: 52.900 Likes                     Twitter Partei: 39.463 Follower
Facebook Peer Steinbrück: 49.124 Likes      Twitter Peer Steinbrück: 48.786 Follower
SPD.de erreicht eine Durchschnittsnote von 2,6 und die Beurteilung „befriedigend“. -> Hier zum Testbericht

 SPD Startseite

Platz 5: FDP.de – Partei überzeugt mehr als Spitzenkandidat

Klar, übersichtlich, ohne viel Spielerei: So präsentiert sich die Parteien-Website der FDP. Das Wahlprogramm, Statements, die Präsentation des Kandidaten – alles kann binnen weniger Minuten gefunden werden. Darauf kommt es bei der ersten Suche natürlich an. Vergeblich gewartet haben wir allerdings auf eine Rückmeldung des Spitzenkandidaten Rainer Brüderle auf unsere E-Mail Anfragen. Selbst auf eine Mail mit Getestet.de in der Signatur wurde nicht reagiert. Einen Twitter-Account des Spitzenkandidaten haben wir nicht gefunden, das sorgt für einige Minus-Punkte. Der Mail-Support der Partei antwortete hingegen sehr ausführlich und hinterlässt einen kompetenten Eindruck. Wem der Kontakt zum Spitzenkandidaten nicht wichtig erscheint und sich nur auf Wahlfakten beschränkt, der wird bei der FDP gut bedient. Ein reger Austausch mit den Wählern auf der Facebook-Seite findet nicht statt. Zwar werden Thesen gepostet, aber auf die Kommentare der User wird nicht weiter eingegangen, obwohl man es sich an dieser Stelle wünschen würde.
Facebook Partei: 22.597 Likes                  Twitter Partei: 13.186 Follower
Facebook Rainer Brüderle: 4.274 Likes      Twitter Rainer Brüderle: 0 Follower
FDP.de erreicht eine Durchschnittsnote von 2,7 und die Beurteilung „befriedigend“. -> Hier zum Testbericht

 FDP Startseite

Platz 6: CDU.de – neue Konzepte mit Schwächen

Die derzeit amtierende Partei landet auf dem letzten Platz des Web-Checks. Nicht zuletzt wegen der etwas mageren Webpräsenz der Spitzenkandidatin Angela Merkel, die weder einen Twitter-Account besitzt noch eigene, geschäftliche Kontaktdaten angibt. Als Bundeskanzlerin muss man vermutlich einen anderen Schwerpunkt setzen, denn viel Zeit für den persönlichen Kontakt bleibt nicht. Die Parteien-Website wirkt sehr modern und steht der Konkurrenz in Nichts nach. Allerdings ist die Top-Navigation hinter dem Punkt „Menü“ zunächst versteckt – dabei erwartet das trainierte User-Auge die wichtigsten Menüpunkte bereits auf der Startseite und nicht erst im ausgeklappten Zustand. Während des Kanzlerduells war die Facebook-Seite von Angela Merkel aktiv und es wurden sehr prägnante und gut durchdachte Statements gepostet. Wenn dann noch zu den User-Kommentaren Bezug genommen werden würde, dann wären wir wahrlich bei Wahl 2.0 angelangt.
Facebook Partei: 43.581 Likes                    Twitter Partei: 33.367 Follower
Facebook Angela Merkel: 355.538 Likes      Twitter Angela Merkel: 0 Follower
CDU.de erreicht eine Durchschnittsnote von 2,8 und die Beurteilung „befriedigend“. -> Hier zum Testbericht

 CDU Startseite

Fazit

Ja, die Parteien haben dazu-, aber noch nicht ausgelernt. Sie liegen in der Bewertung alle sehr dicht beieinander und wir fanden häufig sogar die gleichen Kritikpunkte. Der persönliche Kontakt und vor allem der Rückkanal haben noch keinen vollständigen Einzug in die Web-Philosophie der Parteien genommen. Einige interessante Akzente wurden gesetzt, z.B. die handschriftlichen Zettel-Postings von Peer Steinbrück oder die persönlichen Antworten per Mail von Gregor Gysi. Merkels Wahlteam bewies besonders parallel zum TV-Duell ein Händchen für die aktive Betreuung des Facebook-Accounts und betont damit deren Wichtigkeit für die User. Interaktion ist das Motto auf der Website der Grünen, Fakten und Struktur bei der FDP. Die Piraten setzen mehr auf schnelle Reaktionen und den Einsatz möglichst vieler Web Kanäle. Wie gesagt, das Web bietet unendliche Möglichkeiten. Doch nur wer sie alle beherrscht, kann beeindrucken.

Warum daher nicht mal Fragen an die User stellen? Zum Beispiel: Welche Themen sind Euch besonders wichtig oder unter welchen Umständen würdet Ihr einer Steuererhöhung zustimmen? Wo ist das Interesse an den Meinungen der User? Ist es nicht das, was die Parteien in den Social Media Tools erfahren und vor allem aktiv diskutieren sollten?